"Forderungen der Politik sind technisch nicht erfüllbar"

Düsseldorf, 03.05.2023. Achim Feldmann (57) und Leif Steffens (50) sind inzwischen in fünfter Generation geschäftsführende Gesellschafter der Unternehmensgruppe Steffens Wohnen in Düsseldorf. Begonnen hat die Geschichte des Unternehmens im Jahr 1880 mit der Gründung eines kleinen Baugeschäftes. Heute verwaltet die Gruppe vor allem Wohnimmobilien im Großraum Düsseldorf.

Die Bundesregierung möchte mit der Novelle des GEG-Gesetzes Klimaschutz fördern, Umweltverträglichkeit erhöhen und Ressourcenschonung erreichen. Das klingt, als ob diese Dinge bisher Fremdworte für die Wohnungswirtschaft waren. Wie sehen Sie das in Ihrem Unternehmen?

Leif Steffens Das Bekenntnis zu Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung gehört seit langen Jahren zu unseren Unternehmensgrundsätzen. Das ist weniger ideologisch bedingt, sondern vielmehr dem weiteren Grundsatz wirtschaftlicher Effizienz geschuldet. Der Schwerpunkt ist dabei sehr individuell, sehr technisch und hat vor allem mit Materialitäten zu tun.

Achim Feldmann Natürlich hatten wir immer ein Interesse daran, attraktiven Mietraum zu vertretbaren Konditionen anzubieten und damit auch Maßnahmen zur Energieeinsparung durchzuführen, die zu einer Reduzierung der Nebenkosten führen. Das hilft dem Mieter, sichert aber auch Qualität unseres Bestandes. Es macht keinen Sinn, ohne Berücksichtigung der individuellen Mietsituation bestandsübergreifend Maßnahmen durchzuführen. 

Was ergibt sich eigentlich beim Blick auf Ihren Bestand in puncto Energieversorgung?

Leif Steffens Wir haben bereits vor Jahren den Bestand klassifiziert. Wir haben uns alle Heizungsanlagen angesehen, alte Anlagen abgestellt, Vorlauftemperaturen reduziert und die Steuerungen überprüft. Das Erstaunliche: Der tatsächliche Verbrauch an Strom und Gas wird weit weniger von der baulichen Situation bestimmt als man das annehmen könnte. Dazu kommt, dass z.B. der Bedarf in der Energieversorgung mit Gas in den einzelnen Haushalten erstaunlich ähnlich ist. Die Spannbreite ist gar nicht so groß.

Achim Feldmann Entscheidender Faktor ist nach wie vor das Nutzerverhalten. Eine Verhaltensänderung in einem Haushalt mit Öl- oder Gasversorgung bringt unter dem Strich de facto für viele mehr als der Einbau einer Wärmepumpe, die ich viele Jahre in Betrieb haben müsste, um überhaupt eine echte Einsparung zu erzielen. Das macht es argumentativ sehr schwierig, solche Maßnahmen überhaupt durchzusetzen bzw. dafür zu werben – Klimaschutz hin oder her.

Wie erleben Sie die aktuelle Diskussion in der Energiepolitik?

Leif Steffens Wir sprechen bei der GEG-Novelle von einem Gesetzesentwurf, der aufgrund seiner Komplexität im Detail für die Fachleute – Eigentümer, Bestands-halter, Anwälte, Planer, Architekten – viele Fragen aufwirft und nicht einmal verständlich ist. Mit solchen Papieren erreiche ich keine Akzeptanz, sondern nur Widerstand. Das gilt insbesondere für die privaten Wohnungseigentümer.

Welche Kritikpunkte haben Sie noch?

Achim Feldmann Wir können die uns auferlegten regenerativen Aufgaben gar nicht erfüllen. Das hat mit Unwillen nichts zu tun - wir haben schlicht weder die technischen Lösungen noch die Handwerker dazu. Ganz zu schweigen davon, dass es keinen Sinn macht, Unsummen für Sanierungsmaßnahmen auszugeben, deren Wert für den Hauseigentümer oder auch den Mieter kaum messbar - geschweige denn ökonomisch sinnvoll - ist.

Leif Steffens Wir haben auch kein für mich erkennbares sauberes Energiekonzept. Ich habe noch niemanden gefunden, der mir erklären konnte, wie langfristig angestrebt wird, über 365 Tage und 24 Stunden pro Tag eine CO2-freie Gestaltung der Energieversorgung mit Strom sicherzustellen - insbesondere in den Zeiten, in denen Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen. Die Politik stellt Forderungen auf, die in der aktuellen technischen und rechtlichen Situation – Beispiel: bauliche Voraussetzungen der Bestandsbauten im innerstädtischen Bereich – nicht erfüllbar sind.

Wie sieht eine mögliche Lösung aus?

Achim Feldmann Eine kommunale Wärmeleitplanung ist der Schlüssel für eine optimierte Energieversorgung mit mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Wir sollten zudem die Abhängigkeit von einem Energieträger vermeiden. In der Mischung und der Technologieoffenheit liegt für mich die Wahrheit.

Leif Steffens Wir brauchen eine intelligente CO2-Infrastruktur und sollten auch darüber nachdenken, die angedachten Subventionen für Klimaschutzmaßnahmen gezielt in die kommunale Wärmeleitplanung zu investieren. Hier könnte jede Kommune bedarfsgerecht und unter Berücksichtigung eigener Stärken und Schwächen situationsgerecht arbeiten. Das bringt mehr als die Förderung einzelner Eigentümer nach dem Gießkannenprinzip.

Welche Perspektiven sehen Sie aktuell für Ihr Geschäft?

Achim Feldmann Das Geschäft im Neubaubereich wurde mit der Einstellung der BEG-Förderung und parallel den eklatanten Zinssteigerungen – für die natürlich auch eine Bundesregierung wenig kann - abgewürgt. Wenn selbst gut gestellte Doppelverdiener sich in einer Metropole angesichts von Baukosten von 5.000 Euro pro Quadratmeter, steigenden Grundstückspreisen und der Zinsbelastung keinen Wohnraum mehr leisten können, macht es keinen Sinn, in diesen Bereich zu investieren. Wir schließen gerade noch ein Projekt mit Mieteinfamilienhäusern ab, danach werden wir uns in diesem Segment vorerst sehr zurückhalten.

Leif Steffens Hinzu kommt, dass nun auch der Bestandsbereich mit massiven Forderungen konfrontiert wird. Ich sehe das auch als gesellschaftspolitisches Problem: Unser Bestreben, bezahlbaren Wohnraum für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zur Verfügung zu stellen, wird schlicht nicht gebührend anerkannt. Die Wohnungswirtschaft wird mir zu gerne von der Politik als Raffzahn hingestellt, das ist schlicht nicht fair und nicht zielführend. Wir sprechen inzwischen von Renditen von 2 bis 2,5 Prozent.

Was würden Sie sich noch wünschen?

Leif Steffens Wir müssen beim Klimaschutz globaler denken. Mit Zwang, Verordnung und Verpflichtung allein erreichen wir gar nichts. Ich wünsche mir ein bisschen mehr Vertrauen zu den Menschen. Es gibt ausreichend Beispiele dafür, dass Menschen durchaus in der Lage sind, nachhaltiger zu wirtschaften und damit Dinge für den Klimaschutz zu tun. Als Beispiel mag die erfolgreiche Reduzierung des Energieverbrauchs im Winter gelten.

 

 

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