Düsseldorf, 18.08.2022. Seit vier Jahren ist der Diplom-Ingenieur und Architekt Markus Greitemann Dezernent/Beigeordneter für Planen und Bauen der Stadt Köln. In der Impulse zieht der Sauerländer gibt einen Ausblick auf seine Ziele für die nächsten Jahre.
Herr Greitemann, Sie konnten im Juni auf vier Jahre als Baudezernent in Köln zurückblicken. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?
Markus Greitemann Ich bin stolz darauf, dass wir so einiges auf den richtigen Weg gebracht haben. Ich weiß natürlich, dass es genug Dinge zu tun gibt, aber das bringt nun mal der Umstand mit sich, dass Sie in einer Millionenstadt nicht mal eben alles wunschgemäß umsetzen können. Die konkreten Dinge sprechen aber für sich: Wir haben die Stadtstrategie 2030+ verabschiedet, die Gebäudewirtschaft reorganisiert, die Köln Business Wirtschaftsförderung gegründet. Die Reorganisation des Bauaufsichtsamtes samt der besonders für Bauträger und Projektentwickler interessanten und laufenden Digitalisierung der Baugenehmigungs- und Planrechtverfahren waren und sind sehr konkrete Schritte. Die Einführung eines Projektmanagements und die Reorganisation des Planungsamtes runden das Bild ab.
Welchen Stellenwert hat für Sie die Stadtstrategie 2030+?
Markus Greitemann Ich kann nur jedem raten, der mit der Stadt Köln arbeitet, dieses Papier gut zu lesen. Es dient als Steuerungsinstrument für eine zukunftsgerichtete, strategische und nachhaltige Stadtentwicklung und ist quasi eine Bedienungsanleitung für den Umgang mit unseren Interessen. Jeder Entwickler weiß nach der Lektüre unserer Stadtstrategie und der entsprechenden Zielkarten, wie wir mit Wachstum, Flächenknappheit, Klimawandel und Mobilitätswende umgehen möchten. Wir möchten Köln dauerhaft als lebenswerte Metropole stärken, entwickeln und aktiv gestalten.
Was lässt sich aus den Zielkarten ablesen?
Markus Greitemann Die Zielkarten visualisieren bestehende Planungen, geben räumlich-strategische Empfehlungen und zeigen bereits heute Flächenkonkurrenzen und Zielkonflikte auf. Sie bieten damit eine Grundlage für nachfolgende Planungsebenen und zeigen Räume, in denen die Zukunft der Stadt aktiv gestaltet wird.
Apropos Räume: Die Diskussion um den Regionalplan bis 2045 zeigt, dass Politik offenbar Wohnraum fordert, aber nur wenig Flächen bereitstellen möchte. Wie geht die Verwaltung damit um?
Markus Greitemann Es ist offensichtlich, dass wir es da mit Zielkonflikten zu tun haben, für die alle Akteure Lösungen finden müssen. Wir können in der Verwaltung nur mit klaren Zielvorgaben gute Resultate erzielen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass je nach Perspektive Berechnungen zum benötigten Wohnraum stark variieren. Außerdem ist es nicht so, dass in Köln Stillstand herrscht: Mit Kreuzfeld, Parkstadt-Süd, Deutzer Hafen, dem Max-Becker-Areal, Kronenbrot, Rondorf Nord-West, dem Mülheimer Süden, der Historischen Mitte, dem Heliosgelände, den Hallen Kalk, dem ehemaligen Güterbahnhof Mülheim und Porz-Mitte kann ich Ihnen auf Anhieb zwölf wesentliche Stadtentwicklungsprojekte nennen, die das Gesicht der Stadt in vielen Bereichen verändern werden.
Unsere Mitglieder kritisieren lange Verfahrenszeiten und bürokratische Abwicklung bis zur Baugenehmigung. Sehen Sie da Potenzial, schneller zu werden?
Markus Greitemann Es ist bekannt, dass unsere Personaldecke nicht gerade komfortabel ist. Wir arbeiten daran und ich werde mich nicht hinter diesem Argument verstecken. Bei allem Verständnis dafür, dass in dem einen oder anderen Fall durchaus Verbesserungen möglich sind: Vergessen Sie bitte nicht, dass der Weg zur Baugenehmigung Teamplay ist. Oft genug können wir Termine nicht einhalten, weil diverse Unterlagen nicht oder nur unvollständig vorliegen. Wir haben nun mal Spielregeln des Gesetzgebers, an die sich alle halten müssen. Es kann auch nicht im Sinne eines Investors sein, wenn Bauprojekte juristisch angreifbar sind, wenn Verfahrensabläufe nicht ordnungsgemäß eingehalten werden. Ich möchte auch ein Beispiel nennen: Wir haben von den eingereichten Bauanträgen 2022 rund 90 Prozent bearbeitet und genehmigt. Die bereits genannte Digitalisierung kann dazu beitragen, dass diese Quote noch verbessert wird. Aber Vorsicht: Auch digitale Prozesse funktionieren nur dann, wenn die Spielregeln eingehalten werden.
Was muss ein Planer in Köln tun, um den Beifall der Stadtplaner zu bekommen?
Da hilft der Blick auf die laufenden Projekte. Vielfältige Typologien der Baufelder, vielfältige Gebäudetypologien, Funktionsmischung, Klimaneutralität und Mobilität, gemischt genutzte Quartiere, die soziale Infrastruktur ausreichend berücksichtigen - das sind schlagwortartig die Themen, mit denen Sie sicher sein dürfen, offene Türen einzulaufen.
Was haben Sie sich für die nächsten Jahre noch vorgenommen?
Markus Greitemann Etwas ganz Grundsätzliches: Noch mehr Klartext zu sprechen. Analysen und Meinungsaustausch sind gut, aber irgendwann müssen sich die Beteiligten schlicht entscheiden. Werden beispielsweise über die bekannten und genannten Großprojekte hinaus keine Flächen bereitgestellt, bedeutet das, dass wir uns auf Verdichtung beschränken müssen. Dann aber bitte konsequent. Da ist Politik gefordert, damit Verwaltung arbeiten kann.
Wie wird sich die Arbeit in Köln für Projektentwickler und Bauträger künftig darstellen? Politik hat beispielsweise beschlossen, städtische Wohnbauflächen nur noch auf Erbpachtbasis zu vergeben.
Markus Greitemann Diese Grundsatzentscheidung ist angesichts des Umstandes, dass es nur sechs Prozent der Gesamtflächen in Köln betrifft, eher als bemerkenswertes politisches Statement zu verstehen, hat aber konkret keinen massiven Einfluss auf die Projektentwicklung. Der Umstand, dass es nach wie vor viele Akteure im Wohnungsmarkt gibt, zeigt, dass es offenbar immer noch Geld zu verdienen gibt. Wie sich da die veränderten Rahmenbedingungen mit steigenden Zinsen, steigenden Baukosten etc. auswirken werden, ist abzuwarten - das liegt aber nachvollziehbar nicht in meinem Verantwortungsbereich.
Was die Projektentwicklung insgesamt angeht: Bis 2023 werden wir einen Klima- und Nachhaltigkeitscheck für Städtebau, Mobilität und Verkehr, Hochbau, Energieversorgung und Klimaanpassung erstellen. In der praktischen Umsetzung wird neben den bekannten Playern in der Verwaltung auch die Leitstelle Klimaschutz stärkere Bedeutung bekommen. Die Stadtstrategie 2030+ fordert nachhaltige Lösungen in allen Bereichen: Darauf dürfen sich auch Projektentwickler und Bauträger einrichten.