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Ein pragmatischer Kurswechsel ist nötig


BrunoBarillari - stock.adobe.com
16. Oktober 2025

Düsseldorf, 16.10.2025. NRW plant die Novellierung der Landesbauordnung. Nach Erhebung des BFW NRW hat das Land die strengsten Regulierungen zur Aufzugspflicht und zur Barrierefreiheit im Wohnungsneubau. Hier muss der Gesetzgeber reagieren. So wie jetzt Umbauvorhaben zu Wohnzwecken im Bestand erleichtert werden (Oldtimerregelung).

Während andere Bundesländer der Musterbauordnung folgen und aufzugfreie Wohngebäude bis 13 Meter Höhe zulassen, fordert die BauO NRW bereits bei niedrigeren Höhen den Einbau eines Aufzugs. Auch beim barrierefreien Bauen geht NRW einen Sonderweg: Hier müssen sämtliche Wohnungen barrierefrei errichtet werden – selbst in Gebäuden der Gebäudeklasse 3, in denen aufgrund fehlender Aufzugspflicht ein praktischer Nutzen kaum gegeben ist. Die Folgen sind spürbar: steigende Einstiegsmieten, höhere Betriebskosten und ein Rückgang des kleinteiligen Wohnungsbaus. Der BFW-Landesverband fordert daher eine Anpassung der Bauordnung.

 Zentrale Punkte sind
§ 39 Abs. 4 BauO NRW soll an die Musterbauordnung angepasst werden.
• Einführung von Ausnahmen für kleinere Bauprojekte, um keine Aufzugspflicht bei wenigen Wohneinheiten auszulösen.
• Vollständige Aufhebung der Befreiungsgrenzen bei Bestandsumbauten.
§ 49 BauO NRW zur Barrierefreiheit soll grundlegend reformiert werden.

Sinnvoll erscheinen dazu vor allem vier Maßnahmen:
• Anpassung an bundesweite Standards: Barrierefreiheit nur dort, wo auch eine Aufzugspflicht besteht.
• Teilquote statt Vollquote: Ein Drittel der Wohnungen soll barrierefrei erreichbar sein.
Streichung überzogener Anforderungen: insbesondere Satz 2 in § 49 BauO NRW, der eine vollständige Barrierefreiheit aller Wohnungen verlangt.
Bedarfsorientierung statt pauschaler Pflicht: Barrierefreie Wohnungen müssen vor allem dort entstehen, wo sie tatsächlich benötigt werden – etwa in altengerechten Wohnformen mit ambulanter Pflege oder im Bestandsquartier.

Umbauordnung – Oldtimerprinzip im Bauordnungsrecht praxistauglich gestalten
Die Architektenkammer NRW hat im Januar das sogenannte Oldtimerprinzip gefordert: Bei
Änderungen bestehender baulicher Anlagen solle das Bauordnungsrecht maßgeblich sein, das zum Zeitpunkt der ursprünglichen Genehmigung galt. Damit würde der im öffentlichen Baurecht verankerte Bestandsschutz (§ 3 BauO NRW i.V.m. Art. 14 GG) gestärkt und auf Umbauten erweitert. Nach aktueller Rechtslage endet der Bestandsschutz, sobald bauliche Änderungen vorgenommen werden. Zwar erlaubt § 69 Abs. 1 S. 1 BauO NRW Abweichungen von einzelnen Vorschriften, dies jedoch nur in eng begrenzten Fällen (z. B. Denkmalschutz). In der Praxis zeigt sich, dass Bauaufsichtsbehörden diese Ausnahmen restriktiv handhaben.

Mit dem Entwurf zur Novellierung der BauO NRW (Drittes Änderungsgesetz, 08.07.2025) soll eine „Umnutzungs- und Umbauordnung“ eingeführt werden. Danach sollen bestimmte aktuelle Anforderungen – etwa zu Abstandsflächen (§ 6 BauO NRW), tragenden Wänden, Brandwänden (§§ 28 ff. BauO NRW) sowie zu Decken und Dächern – bei Bestandsgebäuden nicht mehr gelten. Ziel ist die erleichterte Schaffung von Wohnraum durch Umnutzung und Umbau.

Ein Blick nach Niedersachsen zeigt, dass § 85a NBauO bereits ähnliche Erleichterungen enthält. Allerdings erweisen sich die dortigen Nachweispflichten als wenig praxistauglich: Entwurfsverfasser müssen umfassend darlegen, inwieweit das gesamte Gebäude nach den Umbauten den Vorschriften nicht entspricht. Es besteht die Gefahr, dass derartige Formalien die geplanten Erleichterungen konterkarieren. Für NRW ist daher entscheidend, dass das Oldtimerprinzip mit klaren, praxistauglichen Regelungen verankert wird. Nur so können Bestandsschutz und Umbauvereinfachungen wirksam zur Schaffung von Wohnraum beitragen, ohne durch unverhältnismäßige Nachweispflichten neutralisiert zu werden.

Kostenbewusstsein als Leitlinie
Die wohnungspolitischen Herausforderungen in NRW sind noch nicht gelöst. Neben dem Bundesgesetzgeber und den Kommunen als lokalen Entscheidern für oder auch gegen kostenbewussten Wohnungsbau kann der Landesgesetzgeber mit der dritten Novellierung erneut vorangehen und eine Rückkehr zu Maß und Mitte bei all den unzähligen Anforderungen, die auf den Wohnungsbau projiziert werden, vormachen.

Christopher Küas (RA)
CBH Rechtsanwälte, Köln

Bild: BrunoBarillari - stock.adobe.com